Wer ist dieser „Onkel Bob“?
Onkel Bob ist in Fotografen-Kreisen Synonym für einen Bekannten oder Verwandten, der sich anbietet (oder der gebeten wird), die Hochzeit zu fotografieren. Weil Onkel Bob ja diese tolle Spiegelreflex-Kamera hat und ein „Zoom-Objektiv“, mit dem man „ganz breit fotografieren und ganz nah heranzoomen kann“.
Irgendwann wurde ich selbst Zeuge von Onkel Bob’s Wirken.
Nicht genug, dass Onkel Bob grundsätzlich falsch stand und Schlüsselmomente nicht mitbekam, nein, es mussten auch Szenen auf seine Ansage hin wiederholt werden.
Was auch kein Wunder war. Der Mann war mit einem extrem lichtschwachen Objektiv und einer sehr günstigen Kamera bewaffnet. Das ist, (nicht nur) in einer dunklen Kirche, in etwa so, als käme man mit einem Messer zu einer Schießerei.
Nicht nur nach diesem, sondern nach jedem Foto kontrollierte Onkel Bob das Ergebnis über das Kamera-Display und verzog das Gesicht in Pein.
Kein Wunder. Die Kamera-Automatik hat die ISO-Einstellungen vermutlich auf Maximum geschraubt, weil es mit dem ISO-Wert und der Blendenvorgabe des Objektivs für die arme Kamera nicht anders machbar war. Und ich fürchte, als Onkel Bob die Fotos zu Hause dann in der Vollansicht sah, hat sich sein Gesichtsaudruck nicht zum Besseren gewandt.
Auf einen Ausschuß von über 80 Prozent möchte ich wetten. Verrauscht, unscharf, unterbelichtet.
Und gehen wir weiter davon aus, dass die Kamera so eingestellt war, dass sie gleich JPEGs ausgeworfen hat. Damit ist im Nachgang kaum noch etwas anzufangen, weil sich nur in RAW geschossene Fotos wirklich vernünftig bearbeiten lassen. Unscharfe Fotos lassen sich aber auch dann nicht mehr retten. Die sind verloren und damit der Moment. Für immer.
Was dieser kleine Text sagen will:
Liebe Onkel Bobs dieser Welt. Macht euch klar, dass ihr eine hohe Verantwortung tragt. Ihr möchtet nicht, dass das Brautpaar am Ende enttäuscht ist. Auch wenn das Brautpaar versichert, keine großen Erwartungen zu haben: Das stimmt nicht.
Eine Hochzeit ist die Königsklasse der Fotografie. Nichts ist vorher planbar, so wie etwa im Studio. Wir haben es mit wechselnden Lichtverhältnissen zu tun, mit in Bewegung befindlichen Menschen, es ist mal hell, mal dunkel und und und. Die Liste ließe sich noch beliebig fortsetzen.
Überlegt euch gut, ob ihr diese Verantwortung schultern könnt und winkt lieber ab, wenn euch das Brautpaar bittet die Fotos zu schießen. Denn ihr erweist ihnen damit einen Bärendienst.
Und liebe Brautpaare: Überlegt euch gut, ob euch ungetrübte Verwandschafts- oder Freundschaftsverhältnisse nicht wichtiger sind, als das Geld, das ihr in einen Fotografen investieren müsst.
Lasst Onkel Bob eure Hochzeit auf und von der Kirchbank aus genießen.