In diesem Artikel geht es, wie auf der Website eines Hochzeitsfotografen fast zwangsläufig, um die Heirat. Genauer: Es geht um den Tag, der oft als der »schönste Tag des Lebens« bezeichnet wird – jedenfalls von vielen anderen. Niemals von mir. So sehr meine Artikel primär Brautleute adressieren, ist dieser hier durchaus auch an die Adresse der Kolleginnen und Kollegen Dienstleister gerichtet.
Hier nun also die Begründung für meine Weigerung, den Tag der Hochzeit derart superlativ als »der schönste Tag des Lebens« zu titulieren.
Spielverderber, oder was?
Bin ich das? Oder bin ich miesepetriger Pessimist? Bin ich vielleicht nur ganz einfach meschugge? Denn wenn es nicht der »schönste Tag des Lebens« ist, warum dann fotografieren, warum braucht es mich als Hochzeitsfotografen? Sollte ich nicht besser wieder in meinen Ingenieursjob zurückkehren? Säge ich doch am Ast, auf dem ich sitze.
Nichts von alledem. Ich bin nicht Spielverderber, nicht Pessimist, nicht meschugge und ganz bestimmt nicht im falschen Job. Ich bin Realist und das im besten Sinne. Denn wenn die Hochzeit tatsächlich der schönste Tag des Lebens ist, und nicht nur eine maßlose Übertreibung der Hochzeitsbranche (der ich zugegebenermaßen auch angehöre), muss man sich doch unweigerlich fragen, was dann noch kommen mag und ob es nach der Hochzeit nicht nur stetig bergab gehen kann?
Was ist mit den kleinen und großen Wundern des Lebens? Was ist mit Kindern und Familie? Was ist mit dem Job, der einen vielleicht erfüllt, den Reisen, die man macht? Was ist mit all den anderen Dingen, die einem noch wichtig sind und auf einen in naher oder ferner Zukunft warten?
Was ist dieser Tag dann, wenn nicht der schönste?
Was muss er denn sein? Muss er irgendetwas anderes sein, als einfach nur traumhaft schön? Von mir aus ist es »ein großer Tag«, aber er sollte terminologisch nicht derart überhöht werden, dass allen folgenden Tagen und Ereignissen weniger Bedeutung beigemessen bzw. diese am Hochzeitstag gemessen werden. Auch wenn es ein offenes Geheimnis ist, dass es nur eine Übertreibung sein kann.
Butter bei die Fische: Der »schönste Tag des Lebens« ist nichts anderes als ein verkaufsfördernder Slogan der Hochzeitsbranche und wer ihn nutzt, ganz gleich ob Caterer, Make-up-Artist, DJ oder Hochzeitsfotograf, tut das, um zu suggerieren, dass nur er oder sie in der Lage ist diesen Tag in einen solchen zu verwandeln. Und das ist, wenn man mal vernünftig und rational darüber nachdenkt, ziemlicher Blödsinn.
Um eines klarzustellen: Alle Dienstleister, die ich kenne, geben immer ihr Bestes euren Hochzeitstag zu einem großartigen Tag für euch zu machen – so auch ich. Aber niemand von uns kann diesen Tag zum »schönsten Tag eures Lebens« machen. Und im Sinne vieler weiterer toller Ereignisse und Tage, die da noch in der Zukunft auf euch warten, will ich das auch gar nicht. Nichts läge mir ferner. Wäre doch auch blöd, wenn ich dafür verantwortlich wäre, dass ihr anlässlich des Geburtstages eurer Tochter oder eures Sohnes denkt: »Glückwunsch, Kleine(r). Aber deine Geburt kann unsere Hochzeit nicht toppen.« Ihr seht: In der Übertreibung wird es deutlich. 😉
Der Hochzeitstag ist …
… kein Wettbewerb mit dem Rest des Lebens. Er hat nichts, aber auch rein gar nichts kompetives an sich und damit erübrigen sich Superlative. Er ist ohne Zweifel ein großer Tag in eurem Leben, ja sogar der Anbeginn eines neuen Kapitels, aber er ist hoffentlich nicht der schönste Tag.
Wenn ihr mich bucht, dann seid mir nicht böse oder betrachtet es als geringschätzig, dass ich ihn nicht reflex-, klischee- und sloganhaft als den »schönsten Tag eures Lebens« würdige. Das heißt nicht, dass ich ihn nicht für einen großen Tag halte. Ganz im Gegenteil. Es ist ein Tag, auf dessen Begehen ich mich gemeinsam mit euch riesig freue und den ich mit all meiner Kunst für euch festhalte.
Liebe Brautleute: Ist das ein Deal?
Liebe Kolleginnen und Kollegen Dienstleister: Schaltet in der Wortwahl doch mal einen Gang zurück. Denn nicht zuletzt sorgt ihr damit auch dafür, dass die Brautleute sich unverhältnismäßig unter Druck setzen. Denn unter uns: Wir wissen doch, dass nicht immer alles glatt läuft. Wenn Brautleute aber denken, das müsse es, schließlich ist es ja der „schönste Tag des Lebens“, sind Stress und so manche Träne vorprogrammiert. Wir sind es, die, mit unserer Erfahrung und Professionalität, kleine Missgeschicke und Fehler im Ablauf begradigen können. Aber wir sollten die Kirche im Dorf lassen, stattdessen dafür Sorge tragen, dass die Hochzeit unserer Brautleute ein grandioser, wundervoller Tag wird.