Home >> Dokumente >> Günstiger Hochzeitsfotograf vs. teurer Hochzeitsfotograf
In diversen Brautpaargruppen flammen mit schöner Regelmäßigkeit heiße Diskussionen um den Preis von Hochzeitsfotografen auf. Prinzipiell gibt es zwei Lager. Es teilt sich in jene, die jeden Cent für gerechtfertigt halten, denn schließlich sind Hochzeitsfotos eine wichtige Erinnerung, und in diejenigen, die so wenig als möglich investieren möchten, weil sie den Standpunkt vertreten, dass auch ein günstiger Hochzeitsfotograf gute Resultate abliefern kann.
Vorabschicken will ich, dass ich zum Lager der »teuren« Hochzeitsfotografen gehöre, wobei »teuer« ein ziemlich dehnbarer und relativer Begriff ist. Das, weil man ihn an etwas messen muss. Nur woran? Was ist »teuer« und was ist »günstig«?
Aber halt! Wer nun glaubt, ich will derart Subjektives untersuchen, noch dazu mit hunderten Variablen (regionale Unterschiede, Lebenshaltungskosten etc), der irrt. Um die Beantwortung explizit dieser Frage soll es hier nicht gehen. Diskutieren wir besser über die Wahrscheinlichkeit, ob wir mit dieser Feststellung eine Regel oder eine Ausnahme vor uns haben. Ich bin der Überzeugung, dass man dieser bisweilen emotional sehr aufgeladenen Diskussion nur so einigermaßen Herr werden kann.
Technisch saubere Fotos
Völlig losgelöst von der Frage, ob ein Hochzeitsfotograf kreativ ist, emotionale und vielleicht sogar künstlerisch ansprechende Fotos macht, kann man konstatieren, dass er gutes Equipment braucht, um zumindest technisch saubere Fotos zu machen. »Gutes Equipment« heißt, dass man 15.000 bis 20.000 Euro dabei ist – manchmal sogar mehr. Eine Profikamera kostet – wohlgemerkt ohne ein einziges Objektiv – zwischen 3500 und 5500 Euro.
Wichtiger noch als die Kamera sind die Objektive, von denen jedes einzelne zwischen 1500 und 3000 Euro kosten kann. Der Grund, kurz und knapp erläutert, ohne es in einen Technik-Exkurs ausarten zu lassen: Je lichtstärker ein Objektiv ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass kritische Momente sauber und scharf eingefangen werden können. Lichtstarke Objektive sind daher sehr teuer und besitzen noch weitere, wichtige Eigenschaften, die sie so teuer machen.
Nun zur Wahrscheinlichkeit, dass ein hauptberuflicher Hochzeitsfotograf, der fünfhundert, von mir aus auch tausend Euro für eine Tagesbegleitung nimmt, das Geld für derart hochwertiges Equipment übrig hat – und das auch noch redundant ausgeführt. Die Antwort kann man sich denken. Das ist nicht sehr wahrscheinlich, wenn er von April bis September in Gänze vielleicht vierzig Hochzeiten begleitet. Gleiches gilt auch für einen nebenberuflichen Fotografen. Er bietet sich in der Regel an, um sich ein nettes Zubrot zum Hauptjob zu verdienen, und wird das Geld meistens in andere Dinge investieren, als in exorbitant teures Equipment.
All das gilt umso mehr für einen Bekannten oder Verwandten, aka Onkel Bob. Dessen Möglichkeiten, technisch saubere Fotos mit Equipment aus der Einsteiger- oder Mittelklasse zu erzielen, sind noch begrenzter. Damit lassen sich in der Regel nur dann technisch anstandslose Fotos machen, wenn optimale Bedingungen vorherrschen. Und die heißen vor allem: viel Licht. In den meisten Kirchen oder Standesämtern steht aber genau das nicht zur Verfügung. Und mal eben den Blitz auspacken, kann sehr schnell den Groll jedes Pfarrers oder Standesbeamten entfachen.
Erfahrung
Zugegeben. Ein günstiger Hochzeitsfotograf, also einer der seine Dienste im Low-Budget-Segment offeriert, kann genau so viel Erfahrung haben, wie ein Fotograf, der für acht Stunden zweitausend Euro Honorar aufruft. Zu Anfang seiner Karriere möglicherweise sogar mehr, da die Wahrscheinlichkeit größer ist, dass er seinen Terminkalender schnell füllen kann.
Ich behaupte aber, dass der Kollege, der mit einem höheren Honorar kalkulieren kann, auch mehr dieses Geldes in Fortbildungen und Workshops steckt. Das wird in aller Regel für einen Wissensvorsprung sorgen und ihn auf lange Sicht die Lage versetzen, in der gleichen Situation schlichtweg bessere Fotos zu machen. Sei es auch nur durch den kreativen Einsatz von Blitzen, die man eben nicht nur dazu nutzen kann, ein Motiv aufzuhellen.
Ergo: Auch hier dürfte es zur Ausnahme gehören, dass ein günstiger Hochzeitsfotograf zu den gleichen Ergebnissen kommt, wie der höherpreisige Kollege.
Nachbearbeitung
Je geringer das Honorar ausfällt, desto gezwungener ist man, diesem Umstand in der Nachbearbeitung Rechnung zu tragen. Denkt man also, soweit das eingedenk des geringen Honorars überhaupt möglich ist, noch einigermaßen wirtschaftlich, kann man es sich nicht erlauben, allzu viel Zeit auf die Entwicklung bzw. Bearbeitung der Fotos zu verwenden. Natürlich: Ein Hochzeitsfotograf, dessen Honorar im mittleren bis oberen Preissegment beheimatet ist, kann ebenfalls unmöglich allzu viel Zeit auf die Bearbeitung eines einzigen Fotos verwenden. Aber er hat, und das macht sich in der Regel auch in den Ergebnissen bemerkbar, die Bearbeitungszeit so einkalkuliert, dass es nicht an Selbstausbeutung grenzt. Das kann ein günstiger Hochzeitsfotograf nicht leisten.
Zeitlich effizient müssen beide sein. Aber der Rahmen, innerhalb dessen dies geschehen kann, ist bei höherem Honorar doch ein anderer, ein größerer. Damit ist eben auch die Wahrscheinlichkeit größer, dass sich ein höheres Honorar in qualitativ höherwertigeren Bearbeitungsergebnissen niederschlägt.
Erwartungen
Ein Umstand darf nicht unerwähnt bleiben: Die eigenen Ansprüche bzw. Erwartungen an die Bilder des günstigen Hochzeitsfotografen. Sind diese niedrig, dann ist man natürlich auch nicht bereit viel auszugeben und wird vermutlich zufrieden sein. Gleichwohl habe ich schon unendlich viele Beiträge in besagten Brautpaargruppen gelesen, die ihrer Enttäuschung Luft machen. Hier waren die Erwartungen an den auserwählten, günstigen Hochzeitsfotografen einfach zu hoch. Das, ich erwähnte es bereits, kann natürlich auch auf den teuren Kollegen zutreffen. Aber: Es ist die Ausnahme. Nicht die Regel.
Fazit
Wen juckt’s? Warum dieser Artikel? Ich höre aus vielen Ecken, dass es mir doch egal sein könnte, schließlich betrifft es meine Brautleute nicht. Andere, die nicht meine Kunden sind, gehen mich nichts an. Auch höre ich, dass man das als »Billigknipser-Gebashe« auffassen könnte, was wiederum den Anschein erweckt, ich habe Angst vor dieser Art der Konkurrenz. Dem ist nicht so.
Der Grund für diesen Artikel: Die Enttäuschung über (vermeintlich) misslungene Fotos währt den Rest des Lebens, jedes Mal, da man diese Bilder anschaut – oder nicht mehr anschauen mag. Jedes Posting der oben erwähnten Art stimmt mich nachdenklich und ist eines zu viel. Es tut mir einfach leid für die Brautleute – auch wenn sie nicht die meinen sind. Der Grund für die Enttäuschung liegt meist nicht so sehr in den Fotos selbst begründet, sondern in falschen Erwartungen. Hier nivellierend zu wirken ist (beratende) Aufgabe des Hochzeitsfotografen. Ganz gleich ob er ein günstiger Hochzeitsfotograf ist, oder ein teurer.
Zugegeben. Ich hätte die Kernaussage dieses Artikels auch knapper halten können. Sie lautet:
»Erwartungen herunterschrauben und glücklich sein, oder, wenn man es kann, eben mehr Geld investieren und glücklich sein.«
Halten wir, um des lieben Friedens Willen, fest: Ein teurer Fotograf kann enttäuschen, ebenso wie ein günstiger Hochzeitsfotograf begeistern kann. Natürlich. Aber ich hoffe schlüssig hergeleitet zu haben, warum sowohl das Eine als auch das Andere nicht die Regel ist, sondern eher die Ausnahme. Frei jedweder Polemik, die dieser Diskussion oft immanent ist.