Home >> Dokumente >> Reality-Check: Hochzeitsplaner
Heute führte mich mein Weg in eine Buchhandlung. Eigentlich war ich auf der Suche nach Belletristik, stolperte aber en passant über Hochzeitsliteratur jedweder Couleur. Von allen Büchern zum Thema Hochzeit erregte eines das größte Interesse. Ein Hochzeitsplaner. Den trug ich kurzerhand zur Kasse und ging mit ihm anschließend bezahlterweise nach Hause.
Das Kapitel zum Thema »Hochzeitsfotograf suchen« habe ich zuerst aufgeschlagen und bei der Lektüre – wie ich zugeben muss – nicht selten die Augen verdreht. Nun ist die Autorin die fleischgewordene Variante eines gedruckten Hochzeitsplaners (also Hochzeitsplanerin) und keine Fotografin. Nichtsdestotrotz – und vielleicht gerade deswegen – sollte man annehmen, dass sie es besser wissen sollte, hat sie doch sicher schon einige Fotografen vermittelt (und gesprochen). Andererseits war ich dann doch nicht sonderlich überrascht, denn die Ratschläge, die sich dort ausgebreitet finden, habe ich in ähnlicher Weise auch schon auf Websites von anderen Hochzeitsplanern und/oder Hochzeitsportalen gefunden.
Jetzt ist es vielleicht endlich einmal an der Zeit ein paar intervenierende Worte zu verlieren. Denn Beratungsliteratur kann auch auf Irrwege führen und falsche Vorstellungen wecken. Zielgruppe sind schließlich Brautleute, die keinerlei Erfahrung mit der Hochzeitsplanung haben und deshalb alles für bare Münze nehmen, was da so geschrieben steht.
Im Folgenden zitiere ich einige Passagen aus dem Hochzeitsplaner und unterziehe sie sodann einem Realitäts-Check.
Hochzeitsfotos und Motive als Vorlage liefern
Zitat 1: »2-4 Monate vorher – In Hochzeitszeitschriften nach Fotos suchen, die Ihnen gefallen, und Ihrem Fotografen zeigen.«
Das ist eine ganz fantastische Idee, wenn man den Hochzeitsfotografen bereits wegen seiner Fotos und seines Stils gebucht hat … Wäre es da nicht besser gewesen, man hätte einem derjenigen Fotografen seine Aufwartung gemacht, der in diesen Magazinen zu finden war? Und wenn nicht das, so doch wenigstens dem eigenen, nun bereits gebuchten Hochzeitsfotografen diese Wünsche in der Vorbesprechung angetragen?
So wäre dieser nämlich in die Lage versetzt worden, die wundervollen Magazin-Styled-Shoots als solche zu identifizieren. Er hätte dann stante pede klar machen können, dass diese meist mit viel technischem Aufwand, Licht, Personal und Zeit entstanden sind. All das steht einem Fotografen auf einer Hochzeit in der Regel nicht zur Verfügung – vor allem an Zeit mangelt es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit. Wer zum Thema »Styled-Shoots« mehr wissen will, der lese meinen Artikel »Styled Shoots – Go oder Nogo«.
Wenn sich die Vorschläge ausschließlich auf die gezeigten Posen beziehen, ist es dennoch keine gute Idee sie dem eigenen Fotografen anzutragen. Denn auch in diesem Fall gilt, dass man ihn ja gerade wegen seines Portfolios bzw. der von ihm gezeigten Fotos gebucht hat. Wenn man beispielsweise einem Hochzeitsfotografen, der einem reinen Reportagestil frönt, mit »Baumwickelbildern« kommt, wird er ziemlich konsterniert dreingucken und möglicherweise sogar ablehnen.
Liste mit Motiven erstellen
Zitat 2: »1 Woche vorher – Liste der Fotos erstellen, die Sie am Hochzeitstag machen lassen.«
Es folgt eine vom Brautpaar anzukreuzende Liste von nicht weniger als 50 (!) Situationen und Motiven, die zu fotografieren sind. Die Autorin des Hochzeitsplaner schlägt allen Ernstes vor, dem Hochzeitsfotografen diese Liste zu überreichen.
Heilige Maria, Mutter Gottes – eine solche Liste braucht kein Hochzeitsfotograf! Erst recht keiner, der schon länger im Geschäft ist. Denn er weiß, welche Motive wichtig sind. Deswegen ist er Profi, dem man genau aus diesem Grund den Vorzug vor einem Verwandten gibt. Noch dazu kommt, dass nicht einmal ein Profi garantieren kann, dass er alle Situationen fotografiert bekommt.
Das Gelingen von Hochzeitsfotos hängt nämlich nicht nur von seinen technischen und künstlerischen Fertigkeiten ab. Auch die Gegebenheiten bzw. Rahmenbedingungen spielen eine Rolle. Und die kann der Fotograf manchmal nicht oder nur schwerlich kontrollieren.
Als Beispiel: Wenn der Priester/Pfarrer beim Einzug der Braut im Abstand von einem halben Meter vor selbiger herläuft, gibt es Fotos vom Pfarrer, aber keine vom Einzug der Braut. Weil ein guter Hochzeitsfotograf um solche Unwägbarkeiten weiß, wird er sie im Vorhinein mit dem Brautpaar besprechen. Die Brautleute können dann daran mitwirken, sie zu vermeiden. Im erwähnten Falle des frontal-klettenden Bediensteten Gottes könnte der Ratschlag des Hochzeitsfotografen ganz einfach lauten: Abstand zum Pfarrer zu halten.
Fazit: Eine solche Liste vorzulegen, ist, als würde man einem ausgebildeten Pianisten zeigen, welche Tasten er zu drücken hat, damit das gewünschte Lied aus dem Klavier kommt.
Nichts spricht allerdings gegen eine sehr allgemeine Auflistung, die allerdings Gegenstand des Vertrages sein sollte:
– Getting Ready Braut
– Getting Ready Bräutigam
– Kirche / Standesamt
– Sektempfang
– Gruppenfotos
– Details (Ringe, Kleid, Schuhe etc)
– Party
RAW-Fotos verlangen
Zitat 3: »Können Sie uns die Negative geben.« (Aus einer Aufstellung von Fragen für den Fotografen).
Mit »Negativen« ist vermutlich das kameraeigene und -spezifische RAW-Format gemeint. Kein Kollege, den ich kenne, gibt seine RAW-Fotos heraus. Der wichtigste Grund ist der, dass er anhand der RAWs seine Urheberschaft nachweisen kann. Würde er sie herausgeben, ist das in etwa so, als würde man den KFZ-Brief des Autos aushändigen.
Ein weiterer Grund ist, dass RAW-Fotos vollkommen unbearbeitet sind und der Fotograf ja auch dafür bezahlt wird, dass er sie mit seinem Stil versieht und bestenfalls ein fotografisches Kunstwerk aus ihnen macht.
Und nicht zuletzt: Die meisten Paare sind keine Fotografen, verfügen nicht über die notwendige Software diese RAWs zu öffnen, geschweige denn über das Know-how sie zu bearbeiten. Also wozu? Damit ein anderer sie nach ihren Wünschen bearbeitet oder Jahrzehnte später den eigenen Vorstellungen, dem dann neu entwickelten ästhetischen Empfinden anpassen kann? Besser wäre es, gleich einen Fotografen zu buchen, der eine grüne Wiese grün sein lässt und sie nicht vollkommen entsättigt, sodass alles aussieht wie nach einem Buschbrand. Stichwort hier: Zeitlosigkeit.
Verwandten bitten, die Fotos zu machen
Zitat 4: »Bitten Sie jemanden aus Ihrer Familie- oder dem Freundeskreis, Bilder oder ein Video zu machen, was natürlich die kostengünstigere Alternative ist.«
Das ist in der Tat die kostengünstigste Möglichkeit sich nach der Hochzeit an unscharfen, unterbelichteten und kompositorisch zweifelhaft gestalteten Fotos zu erfreuen. Die Autorin fängt diesen Ratschlag dann aber wieder mit dem Hinweis ein, dass es »im Prinzip« besser sei, einen Profi zu engagieren. So viel zu ihrer Verteidigung.
Dem kann ich nur beipflichten und habe das bereits an anderer Stelle getan. Nachzulesen u.a. im Artikel »Wer ist »Onkel Bob?«
Fazit Hochzeitsplaner
Gedruckte Hochzeitsplaner sind eine famose Sache die eigene Hochzeit in Eigenregie zu planen und dabei nichts zu vergessen. Allerdings sollte man bei der Befolgung und Abarbeitung der Vorschläge eines Hochzeitsplaner nicht über das Ziel hinausschießen. Insbesondere dann nicht, wenn es um Ratschläge zur Beauftragung und Zusammenarbeit mit Dienstleistern geht, wie ich sie hier zitiert habe. Die meisten Vollblut-Dienstleister verstehen etwas von ihrem Job, sonst können sie sich nicht lange behaupten.