Die Hochzeitsfotografie hat sich, mit der Entwicklung der modernen Hochzeitsreportage, zu einer wahren Kunst entwickelt, die mit dem ein oder anderen Award bedacht wird. Vorbei die Zeiten, da man ins Fotostudio geht, sich fünf Minuten vor die Kamera stellt, lächelt und dann mit stocksteifen »Hochzeitsfotos« wieder herausgeht. Heute lockt man damit kein Brautpaar mehr vor die Kamera. Stattdessen möchte es den ganzen Tag dokumentiert wissen, mit all den kleinen und großen Begebenheiten. Wenn das dann noch in künstlerischer Weise geschieht, umso besser.
Wertschätzung in der Hochzeitsfotografie
Und tatsächlich gibt es da draußen eine Menge großartiger Kollegen, solche, die ich ungemein schätze für ihre Arbeit. Diese Wertschätzung unter Kollegen ist wichtig, weil man bereitwillig, ohne Konkurrenzdenke voneinander lernt. Die Wertschätzung für die Arbeit drückt sich selbstredend auch in den Preisen aus, die ein Brautpaar bereit ist für die Kunst eines Hochzeitsfotografen zu bezahlen. Aber sie drückt sich auch aus in gewonnen Awards, die von verschiedenen Gremien verliehen werden.
Man kennt solchen Auszeichnungen bzw. Wettbewerbe aus verschiedenen Bereichen der Fotografie. Reportagefotografie, Kriegsfotografie, Street-Fotografie usw. Wettbewerbe und Auszeichnungen für Hochzeitsfotografen aber sind relativ neu – zumindest gemessen an der Existenz anderer Awards und Wettbewerbe.
Gremien und Wettbewerbe
Es gibt einige wenige wichtige Wettbewerbe und Gremien. Zu nennen sind da die Gremien und Wettbewerbe der WPJA, ISPWP, Fearless Photographers und, für Deutschland, den »Masters of German Wedding Photography«. Für die drei Erstgenannten gelten recht strenge Aufnahmekriterien. Aufgenommen wird nur, wessen Fotos vor einer Jury bestehen und der über große und nachweisbare Erfahrung besitzt. In der WPJA gibt es nur rund sechzig deutsche Fotografen.
Was nützen Awards?
An jedem, der von diesen Gremien veranstalteten Wettbewerbe, nehmen zehntausende Fotos und weltweit tausende Fotografen teil. Hier etwas zu gewinnen, bedarf wirklich außergewöhnlich guter Fotos. Es kommt somit einem Ritterschlag gleich, gehört man zu den Gewinnern und es steigert selbstredend die eigene Reputation.
Was mir aber viel wichtiger scheint, ist, dass es ein großer Ansporn ist, eine Auszeichnung zu gewinnen, man darum bei jeder Hochzeit das Maximale aus sich herausholt und sich kontinuierlich weiterentwickelt. Das kommt nicht nur dem Fotografen zugute, sondern natürlich auch den Brautpaaren, um die es letzten Endes wirklich geht. Awards sind also nicht nur Selbstzweck, nicht nur Mittel zur Selbstbeweihräucherung.
Welche Fotos gewinnen keinen Award?
Ein interessanter Nebenaspekt übrigens ist, dass ich bislang kaum ein mit einem Award bedachtes Foto gesehen habe, das den aktuellen Trend aus »Pastell-, Vintage- und Boho-Hochzeitsfotos« bedient. Einfacher ausgedrückt: Solche Fotos gewinnen offenbar nicht.
Über das »Warum« sollte jeder nachdenken, der vor der Frage steht, ob er Fotos machen (bzw. als Brautpaar haben) will, die sich unscheinbar in den Reigen aus Vintage- und Boho-Hochzeitsfotos einreihen.
Ich habe meine Antwort darauf gefunden, ohne zu glauben, die Frage beantworten zu können, wann Kunst auch wirklich Kunst ist. Es heißt ja nicht umsonst: »Kunst liegt im Auge des Betrachters«.
Wie ist meine Antwort?
Der oben erwähnte Trend hat seine Berechtigung, was sich vor allem in den Buchungszahlen ausdrückt. Und, ja, die dabei entstehenden Fotos sind teilweise durchaus hübsch und viele Fotografen, die diesen Trend überaus erfolgreich bedienen, sind wirklich über jeden fachlichen Zweifel erhaben. Aber die Fotos sind meiner Meinung nach leider austauschbar, haben nichts Individuelles an sich, besitzen kein Unterscheidungs- und Alleinstellungsmerkmal. Es sind solche, die man im MarryMag oder anderen Hochzeitszeitungen und -journalen sieht (die sich deswegen auch nicht voneinander unterscheiden). Das ist okay. Jeder wir er mag.
Das Problem ist nur: Jeder Trend geht irgendwann den Weg des Arschgeweihs, nicht aber die Kunst. Und gerade als Fotograf muss man sich dann fragen, was jetzt zu tun ist.
Awards = Kunst, Kunst = Awards?
Kunst kann man natürlich auch machen (und als Brautpaar bekommen), ohne dass man als Fotograf je einen Award gewonnen hat (oder gewinnen will). Tatsächlich dürfte die überwiegende Mehrheit der Hochzeitsfotografen nicht einen Award gewonnen haben. Sie (die Fotografen) sind und bleiben dennoch fantastische Künstler, entwickeln sich auch ohne diesen Ansporn aus Wettbewerben und Awards weiter. Aber es sind meiner Beobachtung nach die Kollegen, die aktuelle Trends meiden.
Fazit
Wenn man sich auch ohne Awards weiterentwickeln kann, so bin ich der Meinung, dass es deutlich schneller geht, wenn man sich von ihnen anspornen lässt. Genau dafür sind sie gut, die Awards: Zur rasanten Weiterentwicklung der eigenen Fertigkeiten, zum Messen mit und zum Lernen von den Besten des Fachs – und zwar alles im Interesse der Brautleute.
PS: Falls sich jetzt jemand die Frage stellt, ob ich Awards gewonnen habe, hier die Antwort: Jupp. Sie sind auch Anlass für diesen Artikel. Lehne ich mich jetzt zurück? Nie und nimmer! Ich bin nicht gut genug, werde nie gut genug sein und habe noch so viel zu lernen. Meine Awards sind ein Auftrag, um es mal super-pathetisch zu formulieren.